Doctors House

Das Doctors House ist mit Sicherheit trotz seines Alters immer noch das beeindruckendste Wohnhaus in Liuli. Mit der Gründung des Krankenhauses begann man 1922 es zu errichten.

Zunächst als Wohnsitz für die in Liuli tätigen Ärzte gedacht mit einem Wohn- und Schlafraum, gab es über 50 Jahre keine Küche, kein WC oder Bad im Haus. Anfänglich wurden einheimische und europäische Ärzte im Doctors House einquartiert, seit 2000 dient es als Gästehaus, überwiegend für Studierende, Freiwillige und Praktikant:innen, die über unseren Verein nach Liuli vermittelt werden.

1972 bewohnt ein Arzt aus den Niederlanden mit seiner Familie das Haus und sorgte für die ersten Anbauten (zweites Schlafzimmer, Küche, Bad). Es erfolgte der Anschluss an den 1965 in Liuli errichteten Wassertank. 1991 beschaffte ein für drei Jahre dort tätiger Chirurg aus Deutschland den ersten benzinbetriebenen Kühlschrank im Haus, der nach über 10 Jahren seine Dienste aufgab. Einen elektrisch betriebenen Kühlschrank gab es erstmals im Jahr 2013. Die starken Spannungsschwankungen legten diesen aber auch nach ca. 2 Jahren lahm. Derzeit gibt es keinen Kühlschrank dort. 2011 wurde das Doctors House an das mittlerweile erweiterte Solarnetz des Krankenhauses angeschlossen. Die Küche besteht aus einer Spüle und verschiedenen Schränken sowie einer Arbeitsplatte. Gekocht wird draußen auf offenem Feuer von der Haushälterin Monika, die den Bewohner:innen des Doctors House drei Mahlzeiten täglich zubereitet. Wäsche und Reinigung werden ebenfalls von Monika übernommen.

Ein Medizinstudent schreibt 2023 in seinem Reiseblog über das Doctors House:

Wenn wir im Doctor‘s House sind, und nicht gerade schlafen, dann spielt sich auf der Terrasse eigentlich am meisten ab. Die vier Sessel schauen ganz bequem aus, nach ca. zehn Minuten wird einem jedoch schmerzlich klar, wie durchgesessen die Polster sind, und es wird einem die unvergessliche Chance geboten, die Latten der Sitzfläche direkt mit seinem Gesäß zu ertasten. Für Doctor‘s House Profis: Wenn niemand sonst da ist, drei Kissen auf die Sitzfläche legen! Ansonsten wird hier gerne gegessen, Blog geschrieben, Karten gespielt und dergleichen. Nur Telefonieren ist hier nicht möglich, das Internet ist tendenziell sehr schlecht. Zum Essen: Vor allem Schalen von Früchten und sonstigen kompostierbaren Essensresten wird hier schnell kurzer Prozess gemacht, und es wird einfach in den Wald, wenige Meter vor der Terrasse geworfen. Klingt erstmal komisch, aber man muss hier die Alternative beachten: Es auf dem Teller oder in einer Schüssel sammeln und Monika in die Küche stellen. Sie nimmt es dann, spült die Teller und trägt die Essenreste nach draußen, wenige Meter vor die Terrasse und kippt sie dort in den Wald. Also kann man mit der ersten Variante nicht nur Monikas Arbeit erleichtern, sondern auch noch seinen Fähigkeiten in „Melonenschalen-Diskus-Weitwurf“ ausbauen. Sehr lustig! Für Doctor‘s House Profis: Kleinere Essenreste wie Soße und Reiskörner einfach auf dem Tisch liegen lassen, nach wenigen Minuten kommt eine Horde Ameisen und schleppt ganze Reiskörner weg.

In dieser Region sind Fenster übrigens sehr selten. Auch hier gibt es in der Regel nur Gitterstäbe, und bei uns sogar feinmaschiges Gitter vor den Fenstern! So regnet es kaum rein, und menschliche bzw. tierische Eindringlinge werden halbwegs suffizient vom Hausfriedensbruch abgehalten.

Zur Aussicht: Durch die Baumlücke ist der Malawisee (oder Lake Nyasa) gut zu sehen. Vor allem bei Sonnenschein glitzert dieser wirklich wunderschön, auch ist der Sonnenuntergang schön anzusehen, allerdings vom Strand aus noch schöner. Auch sehr schön: Hier sieht man allerhand Tiere, vor allem aber, sicher total verwurmte, mit bösen Geschwüren im Gesicht ausgestattete, Straßenhunde und natürlich Affen. Das Internet sagt, dass es sich dabei wohl um Grüne Meerkatzen handelt. Zumindest gibt es laut den Einheimischen zwei Gruppen von Affen, beide der selben Gattung aber unterschiedlicher Rudel. Da es hier häufiger mal zu Auseinandersetzungen zwischen den Rudeln kommt, sind Schreie von kämpfenden Affen nicht so selten. Wenn die Affen nicht kämpfen, dann verbringen sie ihr Zeit mit dem Umherspringen auf den Bäumen, dem Dach des Doctor‘s House und den Dächern des Krankenhauses. Für Doctor‘s House Profis: Wenn man auf der Terrasse ist zumindest die kleinen Gatter schließen, ansonsten kommen auch mal kämpfende Affen und werfen Glasflaschen auf den Boden.

Das Esszimmer, oder Hauptzimmer, oder wie man es auch immer nennen mag dient seltenst als Esszimmer. Im Endeffekt wird hier nur Essen abgestellt, Einkäufe gelagert, Kram für den täglichen Klinikbedarf abgelegt und Handys bzw. Powerbanks geladen. Zumindest so lange der Strom funktioniert. Tagsüber ist der Strom häufiger weg als er da ist, aber darauf muss man sich hier einstellen. Nachts funktioniert es recht zuverlässig, wenn er Nachts man ausfällt, dann werden wir scheinbar mit an den Generator des Krankenhauses angeschlossen, nach spätestes 20 Minuten ist es nachts immer wieder hell. Für Doctor‘s House Profis: Handy und Powerbank laden wann immer es geht! Man weiß nie, wann und wie lange der Strom weg ist.

Schlafzimmer 1

Wenn man im Esszimmer nach links abbiegt, kommt man hier her. In diesem Schlafzimmer befindet sich ein Doppelbett und ein Einzelbett. Dieses Zimmer ist wohl das wärmste im ganzen Haus, also sollte der sehr unwahrscheinliche Fall eintreten, dass es einem mal kalt wird, dann findet man in diesem Raum eigentlich immer genug gestaute Hitze. Zudem gibt es in diesem Raum eine Tür in einen anderen Raum. Allerdings ist kein Schlüssel zu finden und niemand weiß so richtig, was da drin ist. Also am besten zu lassen, bevor mir Kerberus entgegenspringt. In diesem Raum gibt es auch zwei Steckdosen! Jetzt bietet es sich natürlich an, den im Haus vorhanden Ventilator zu nutzen. Die Hürde dabei ist, dass der Ventilator nur einen Stecker des Systems G hat. Ohne Adapter kommt man hier also nicht besonders weit. Die dritte Tür in diesem Raum führt übrigens ins Badezimmer. Für Doctor‘s House Profis: Irrationalerweise Adapter in beide Richtungen mitbringen: Also System F auf G UND System G auf F.

Bad

Im Badezimmer gibt es eine europäische Toilette (yay!), ein Waschbecken und eine Dusche. Auch wenn in der Toilette zu 50% der Zeit die Spülung hängt und sie unglaublich langsam nachfüllt, immerhin ist es eine europäische mit Spülung. Das ist ein wirklich wahnsinnig guter Luxus hier! Apropos Luxus: Toilettenpapier. Gibts nur einzeln abgepackt und ist absoluter Luxus. Am Waschbecken gibt es auch nur selten Wasser. Wenn mal was kommt, dann könnte man diesem Wasserhahn problemlos ne Prostatahyperplasie diagnostizieren. Ab und an hat er aber auch seine guten Zeiten und es kommt echt gut Wasser. Dann aber eigentlich nur heißes Wasser, die einzige Zuleitung kommt vom Solar-Wassererhitzer auf dem Dach. Im Vergleich dazu, hat unsere Dusche immer Wasser, allerdings nur kaltes. Also so kalt, wie es in nem schwarzen Plastiktank auf dem Dach bleibt. Es gibt auch ein zweites Ventil, allerdings ist dieses mehr kaputt als ganz und beim Aufdrehen erinnert der Wasserstrahl auch mehr an die Prostatavergrößerung. Aber egal, wir sind froh, wenn wir überhaupt duschen können. Zudem gibts noch zwei normale Messingwasserhähne in der Dusche. Aus dem rechten kommt immer recht zuverlässig kaltes Wasser, aus dem linken kommt auch Wasser. Wo dieses allerdings herkommt, und ob es warm oder kalt sein soll, das ist eher willkürlich. Die ganzen anderen Ventile in der Wand? Keine Ahnung. Übrigens kommt es auch ab und an vor, dass es gar kein Wasser gibt. Das passiert immer dann, wenn unser Tank auf dem Dach leer ist, und Monika vergessen hat, die Leitung zum Nachfüllen zu öffnen. Mir ist es immerhin noch nie, stehenderweise, vollständig eingeseift in der Dusche, passiert. Die zweite Türe führt zu einem Durchgang. Für Doctor‘s House Profis: Mindest ein Handy oder ne Taschenlampe mit zum Duschen nehmen. Wenn beim Duschen das Licht ausfällt, dann ist man ohne Licht aufgeschmissen, und legt sich sicher lang vor die Dusche.

Durchgang / Schlafzimmer 2

… den ich liebevoll „mein Schlafzimmer“ nennen darf. Im Endeffekt gibt es hier und ein schmales Bett, auf dem zwei unglaublich durchgelegene Matratzen liegen und einen Wandschrank. In diesem Wandschrank leben, wie im gesamten Haus, selbstverständlich auch ein paar Geckos, ab und an läuft einem einer entgegen beim Öffnen der Tür, auch muss man ca. einmal die Woche Geckoexkremente von seiner Kleidung kratzen. Aber man gewöhnt sich an alles. Etwas doof ist, dass es in diesem Raum keine Steckdose gibt. Aber alles halb so wild. Immerhin ist dieses Schlafzimmer deutlich kühler als das Erstgenannte. Von hier aus kann man wieder nach rechts in das Esszimmer abbiegen, oder man geht weiter gerade aus, dort findet man dann das dritte und letzte Schlafzimmer. Für Doctor‘s House Profis: Dinge, die nicht vollgesch***** werden sollen, in eine Tasche, z.B einen Stoffbeutel packen!

Schlafzimmer 3

Wenn man im dunkeln die Tür aufmacht und rein geht, muss man erst mal ein wenig aufpassen, nicht direkt die Treppe nach unten zu fallen. Wenn man die Treppe gemeistert hat, dann findet man das zweitgrößte Schlafzimmer. Hab ich übrigens schon mal erwähnt, dass hier die Treppen nicht genormt sind? Also sich auf sein muskuläres Gedächtnis beim Treppensteigen zu verlassen ist ne schlechte Idee, und würde normalerweise, im nicht vorhandenen Schockraum, mit „Zustand nach Treppensturz“, enden. Also watch your step! In diesem Raum findet man, neben der aktuell nicht funktionierenden Deckenbeleuchtung, wieder eine Steckdose, ein breites Bett und ein schmales Bett. Letzteres zwar ohne Matratze, aber vielleicht könnte man dafür die Zweite aus meinem Bett nutzen. Zudem gibt es einen Schrank und ein paar Regale. Direkt nebenan ist die Küche, sie wurde scheinbar im gleichen Zuge angebaut. Beim Anbaut machte man sich scheinbar Gedanken um Belüftung oder was auch immer, zumindest besteht ein Teil der Wand aus hochgestellten Rasengittersteinen. Entsprechend hört man wirklich alles, was Monika in der Küche veranstaltet. Für Doctor‘s House Profis: Mir wurde gesagt, dass Schlafen mit Oropax sehr empfehlenswert ist, vor allem wenn man nen leichten Schlaf hat. Hier ist alles sehr hellhörig.

Kulinarisches

Da das Essen eine große Rolle spielt, möchte ich hier nochmal genauer darauf eingehen.

Zum Frühstück gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, von denen ich leider keine Bilder habe. Das Beste ist wohl das Brot. Also kein Brot, wie wir es von zu Hause kennen, eher so kleine weiße Brötchen, aber alles sehr weich, die Konsistenz erinnert mehr an Toast. Die gibts am seltensten. Am zweithäufigsten gibt es das Ekligste. Es sind kleine Reisbällchen, scheinbar frittiert oder gebacken, keine Ahnung, zumindest sie sie echt fettig und schmecken tendenziell ungut. Am häufigsten gibt es kleine Teigbällchen, Größe und Form erinnert an Quarkbällchen, Teig eher an Berliner und der Geschmack an sehr fettige, ungesühnte Berliner. Für Doctor‘s House Profis: Ein Glas Nutella, Ovomaltine, Marmelade oder sonstiges Mitbringen. Damit werden sogar die Reisbällchen essbar.

Mittags und abends gibts was Warmes. Zunächst zu den Hauptgerichten, in absteigender Schmackhaftigkeit: Chipsy (quasi selbstgemachte Pommes), Chapati, unglaublich weiche verkochte Spaghetti, Kochbananen, Kartoffeln, Kürbis, Cassava, Schleimgemüse (keine Ahnung was es ist, vielleicht Cassava in Soße), weißes Gemüse mit rosa Streifen (kein Schimmer, was das sein soll) und ganz ganz ganz weit hinten „das Rosane“ (hier nennt man es wohl „Yum-Potato“, auch wenn es definitiv keine Kartoffeln sind). Als Nebengerichte gibt es, wieder in absteigender Schmackhaftigkeit: Tomatensoße (Achtung! Mal unglaublich scharf, mal fad), Typhussalat (also Tomatensalat, aber eigentlich wurde Monika verboten diesen Salat zu machen, weil zu viele Besucher Typhus bekamen, dennoch lecker), Bohnen und „Spinat“ (ich bin mir sicher, dass es kein Spinat ist, wir haben es dennoch so getauft, ist zwar ganz lecker, sorgt aber leider bei mir für ordentliche Diarrhoe). Ein wenig außer der Reihe fällt Ugali, eine Cassava-Pampe, die es aber nur gibt, wenn Gift zu Besuch kommt. Tendenziell auch eher im hinteren Bereich einzuordnen. Dazu gibt es ab und an noch Fisch (für die anderen) und Omelette (für mich). Für Doctor‘s House Profis: Gewürze mitbringen! Außer (wenig) Salz und Feueraroma hat das Essen hier in der Regel nichts gesehen. Auch ist die Tomaten- und Pilipili-Soße aus dem Dorf zu empfehlen.

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